Daniel Seiffert zu Ernährungssicherung in den Mittelpunkt rücken Drucksache 

Es gilt das gesprochene Wort! 

 

 

Landtag Mecklenburg-Vorpommern 06. April 2022 

Fraktion DIE LINKE 

 

MdL Daniel Seiffert 

 

 

TOP 15a 

Ernährungssicherung in den Mittelpunkt rücken Drucksache 

8/532 

TOP 15b 

Aussprache gemäß § 43 Nummer 2 GO LT 

Heimische Agrarproduktion im Fokus - Selbstversorgung gewährleisten 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, 

meine Damen und Herren, 

 

nach der aktuellen Stunde haben wir heute also die nächste Gelegenheit, über Ernährungssicherheit und Selbstversorgung zu debattieren.  

Eines vorweg: Meine Fraktion wird den Antrag der CDU-Fraktion ablehnen. Das dürfte Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, spätestens nach meinem Beitrag in der aktuellen Stunde klar geworden sein. Ich finde, dass unsere Ablehnung auch gut begründet ist. Das fängt schon bei der von der CDU gewollten Feststellung an, dass die Versorgungslage mit Nahrungsmitteln kontinuierlich immer enger werde und die Ursache dafür die weltweite Reduzierung von landwirtschaftlichen Nutzflächen sei. Wenn man sich dazu die Fakten des Weltagrarberichts über den Hunger in der Welt anschaut, könnte man zu einer ähnlich lautenden Feststellung kommen. Aber uns muss klar sein, dass dies Hunger im Überfluss ist.  Noch nie hat die Menschheit mehr Lebensmittel pro Kopf produziert als heute und dennoch leiden nach FAO-Schätzungen bis zu 811 Millionen Menschen auf dieser Erde Hunger. Da läuft etwas gewaltig schief mit der Art und Weise, wie wir – und damit meine ich nicht nur Deutschland – Lebensmittel produzieren und verteilen. Denn während Klimaveränderungen die Landwirtschaft vor gewaltige neue Herausforderungen stellen, wird die Weltbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten vermutlich auf 9 Milliarden Menschen anwachsen und 2023 vermutlich die 8 Milliarden Schwelle überschreiten. Und Tatsache ist eben auch, dass gut 40 Prozent aller Treibhausgasemissionen direkt oder indirekt durch unsere Agrar- und Lebensmittelproduktion, deren Verarbeitung, Transport, Verbrauch und Entsorgung verursacht werden. Die Landwirtschaft ist weltweit der wichtigste Wirtschaftszweig und damit das Maß aller nachhaltigen Entwicklung. Wir müssen also unsere Wirtschafts- und Lebensweise ändern – und das vor allem im globalen Norden.  

Schon heute fahren die Landwirte nicht nur in absoluten Zahlen die größte Ernte aller Zeiten ein, sondern auch pro Kopf der wachsenden Weltbevölkerung. Vollständig und so effektiv wie möglich als Lebensmittel eingesetzt könnte diese heutige Ernte bereits 12-14 Milliarden Menschen ernähren. Aber was haben wir stattdessen? Wir produzieren auf ca. 60 Prozent der Agrarflächen Futtermittel für die Ernährung unserer Nutztiere. Dazu kommt zum Beispiel noch die Produktion von Mais oder Raps direkt für Biogasanlagen oder den Tank. Daneben wird jedes dritte Schwein, man kann es kaum glauben, nur für die Mülltonne gemästet – so viel Lebensmittel (und Futtermittel + Wasser) verschwenden wir tatsächlich. Und wenn die CDU für sich feststellt, dass der Agrar- und Ernährungssektor auch und insbesondere aufgrund des Krieges in der Ukraine vor enormen Verwerfungen steht, so stimmt das eben nicht. Dieser unsägliche Krieg spitzt zu, was schon lange falsch läuft, nicht zuletzt durch die falsche Agrarpolitik und die falsche Nutzung der Agrarflächen weltweit und insbesondere im globalen Norden. 

Wenn die CDU heute die Landesregierung auffordert, alle Instrumente der europäischen und nationalen Agrarpolitik, insbesondere die 

geplanten Flächen- und Produktionsstilllegungen, Reduktionsvorgaben beim Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie die Ausbauziele für die biologische Bewirtschaftung im Lichte der Ernährungssicherung zu überprüfen und neu zu bewerteten, dann muss ich dem an dieser Stelle heftig widersprechen. Was wir brauchen, ist ein Umbau der Landwirtschaft zu mehr Klimaschutz, weniger Fleischproduktion, mehr Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz in der Landwirtschaft, Orientierung auf - und ich wiederhole es immer wieder – den Wochenmarkt statt auf den Weltmarkt, faire Verteilungsketten, Hilfe für die Länder des globalen Südens zur Selbstversorgung, weg von der Allmacht weniger großer Agrar- und Lebensmittelkonzerne.  

Ich hoffe, dass wir in dieser Legislaturperiode deutlich besser und schneller beim dafür notwendigen Umbau der Landwirtschaft vorankommen, auch wenn CDU und AfD eine Landwirtschaftspolitik im Interesse einiger Weniger zur Profitmaximierung anstreben. Zum Abschluss möchte ich meine geschätzte Kollegin Heidemarie Scheuch-Paschkewitz zitieren, die zu diesem Thema vergangene Woche im hessischen Landtag gesprochen hat:  

„Die Welt – meine Damen und Herren - wird dann besser, wenn wir aufhören, Bomben, Hühnerklein und Schweinehälften für den Export herzustellen! 

Sie wird besser, wenn wir Kurzstreckenflüge einstellen, Tempolimits aufstellen und mehr ÖPNV als SUVs benutzen. Sie wird dann besser, wenn wir nicht mehr korrupte und totalitäre Regime wie jetzt auch in Katar durch unseren Öl- und Gaskonsum unterstützen müssen. 

Frieden, Sicherheit und Klimagerechtigkeit gehen Hand in Hand und dazu gehört auch die Agrarwende.“ Zitat Ende und Danke für Ihre Aufmerksamkeit.